Atem (be) raubend – In den Anden Perus 

Peru…ein großartiges Land. Freundliche Menschen in bunter, traditioneller Kleidung, spektakuläre Landschaften und Abenteuerstrecken vom Feinsten. Von der staubigen, dreckigen Wüstenlandschaft der Küste ca. 70km landeinwärts und wir befinden uns in den Anden, in der Sierra. Ein Stück weiter östlich und man erreicht den Regenwald, die Selva. Wir hatten von all dem etwas und haben dieses Land trotz einiger Schwierigkeiten sehr genossen.

Unsere Route gestaltete sich wie folgt:

San Ignacio – Olmos – Pimentel (bei Chiclayo) -Huanchaco (bei Trujillo) – Otuzco – Chimbote – Jimbe – Caraz – Huaraz – Huanucu – Tingo Maria – Huanucu – Lima- Ayacucho- Abancay – Curahuasi – Cusco – Puno.

Gemeinsam mit Sandy, Terry und Jack, dem Adventuretrio aus Californien machen wir uns in Vilcabamba, Ecuador auf den Weg nach Peru. Es liegen 210km vor uns…eine Strecke, die wohl trotz Grenzübergang gut zu meistern sein sollte. Der von uns gewählte Grenzübergang ist zwar über eine auf unserer Karte gelb eingezeichnete Linie zu erreichen (gelb bedeuted nachgelagert), aber das sollte kein Problem sein, gelb bedeuted ja erfahrungsgemäß kein Offroad, sondern nur eine nicht ganz so große Straße.

Was eine gelbe Linie auf der Karte jedoch für Peru bedeutet sollten wir schnell herausfinden. Die ersten 50km waren asphaltiert, dann begann ein kleiner Feldweg, der sich im Laufe der restlichen Kilometer in eine Piste verwandelte, die mit den Begriffen schmale einspurige Sand,-Erd,-Schotterpiste an tiefen Schluchten und grün bedeckten Andenhügel gut zu beschreiben ist. Alle paar Meter ein Erdrutsch um den wir im Idealfall herumfahren oder eben über das noch lose Erd-Stein-Gemisch fahren. Das ist mal eine Strecke mit Anspruch. Ansich stehen wir da ja alle irgendwie drauf…aber ungern vollbepackt und unter Zeitdruck. Hinter der nächsten Kurve ist ein kleiner Fluss entstanden durch den wir fahren müssen. Wir tasten uns vorsichtig hindurch, haben aber Glück, dass das Wasser nicht zu tief und der Untergrund nicht zu matschig ist. Und so bleibt es eigentlich den Rest der Strecke. Als es trotz 30 Grad anfängt zu gewittern sitzen wir schon einige Stunden auf dem Motorrad aber an Pause ist jetzt nicht zu denken. Wir müssen dann aber doch eine Pause einlegen, weil Jack, 13 Jahre alt eine gewisse Panik bei Gewittern entwickelt. Gepaart mit dieser Offroadstrecke ist es einfach schlimm für ihn hinter seinem Vater auf dem Motorrad zu sitzen. Wir nutzen die Zeit um unsere angespannten Muskeln zu lockern und die Landschaft zu geniessen. Es muss aber irgendwann weiter gehen, denn a) sind wir mitten im Niergendwo und b) sollte dieser Untergrund nun auch noch vom Regen aufgeweicht werden und die Fahrbahn in eine matschige Rutschpartie verwandeln hätten wir wohl ein Problem. Also weiter in der Hoffnung dem Regen zu entfliehen. Glücklicherweise regnet es nur kurz und wir können diese anspruchsvolle Strecke im Trockenen beenden.

Wir erreichen irgendwann aber doch wieder Asphalt, doch auch hier gilt- hinter jeder Kurve kann ein Erdrutsch sein. Unglaublich was die Regenzeit hier angerichtet hat. So viele Erdrutsche, teilweise mit riesigen Felsen drin, die nun auf der Straße liegen, haben wir uns nicht vorstellen können. Auf der einen Seite sind wir völlig beeindruckt von der Schönheit der Landschaft, auf der anderen Seite machen wir uns alle ein wenig Sorge was uns noch so in Peru erwarten wird. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir natürlich noch nicht, das dies heute nur ein sehr kleiner Vorgeschmack war.

Um unsere Motorräder sicher im Hotel parken zu können, wird der angrenzende Werkzeugladen kurzerhand als Garage umfunktioniert. Was sind wir froh nach einem solchen Tag so lieb empfangen zu werden. Für diese Nacht bezahlen wir ungefähr 15€. Das Hotel befindet sich an der Hauptverkehrsstraße, das Zimmer ist spartanisch eingerichtet, ist aber relativ sauber. Fenster gibt es nicht, aber daran haben wir uns schön gewöhnt.

An der Rezeption fragen sie uns um welche Uhrzeit wir denn wohl morgen weiterfahren wollen? – So um 9h. Ok, dann wird der Laden eben ein wenig später aufgemacht – unsere Motorräder sind sicher geparkt. Es ist wirklich toll wie freundlich und hilfsbereit die Menschen sind.

Wie wir es immer am ersten Abend in einem neuen Land machen, wollen wir uns ein Restaurant suchen. Kurz Kleidung wechseln…raus aus den Motorradklamotten.. (Anmerkung: Für mich das erste was ich mache, wenn ich irgendwo ankomme. Mirko behauptet er hat ein eigenes Klima in Motorradhose und Stiefel und zieht seine Motorradklamotten eigentlich erst aus, wenn er zu Bett geht)Mirko: ja das ist auch so ! 🙂  und die Straße runter ein günstiges Restaurant suchen. Wir finden relativ schnell eines, welches gut und günstig aussieht und vor allem in welchem einige Einheimische essen. Immer ein gutes Zeichen. Unser Spanisch ist ja schon ganz gut, aber wir wollen ja immer gerne landestypische Sachen probieren. Ich entscheide mich also für ChaoChao…denke mir Kakao mit Fleisch- hört sich interessant an. Ich weiß jetzt jedenfalls, dass es sich bei ChaoChao um Pansenfleisch und nicht um Fleisch in Schokoladensoße handelt. Ich hab es übrigens gegessen; zwar hab ich versucht nicht hin zu gucken, aber so schlimm hat es wirklich nicht ausgesehen.

Von San Ignacio führt uns unser Weg durch wunderschöne Andenlandschaft. Wir wechseln 3mal unser Outfit…unten ist es heiß, oben auf den Pässen nebelig und kalt. Teilweise regnet es und wir müssen in den Kurven versuchen nicht die kilometerlange Ölspur zu treffen. Es ist und bleibt allerdings ein toller Fahrtag. Wir alle sind müde und kaputt als wir in Olmos ankommen und suchen uns ein Hotel. Trotz der etlichen großen, schwarzen Käfer ein recht netter Platz. Die Straßenhunde bekommen wir immer die Reste unseres Abendessens und werden noch ein wenig mit Streicheleinheiten verwöhnt, als wir es uns dann anschließend auf der Terasse bei muckeligen 25Grad gemütlich machen. Leider wird unsere Ruhe durch den tierquälenden Hotelbesitzer gestört. Dieser hat sich nämlich einen der Straßenhunde ausgesucht zu füttern, alle anderen werden weggetreten. Unsere Versuche ihn davon ab zu halten scheitern und entsetzt und traurig müssen wir einsehen, dass wir an diesem Umstand nichts ändern können.

Olmos ist ansich eine richtig schäbige Stadt. Alles ist staubig und dreckig und aus den Kofferräumen der Autos wird ungekühltes Fleisch und Fisch verkauft. Überall fahren Tucktucks herum…hunderte in dieser kleinen Stadt. Wäre da nicht die herzlich freundliche und lustige Maria gewesen, die am Morgen mit uns auf der Straße getanzt hat, wäre Olmos wahrscheinlich als dreckiges Tierquälerdorf in Erinnerung geblieben. Sie fährt mit einem Tucktuck an uns vorbei, sieht uns frühstückend in einer kleinem Laden und lässt das Tucktuck umdrehen, damit sie aussteigen kann. Sie lacht und freut sich, wir tanzen zusammen auf der Straße und freuen uns am Leben. So eine herliche lustige Frau – Danke also Maria 😉

Wir wollen in den nächsten Tagen in Chimbote sein um uns dort mit der EBM zu treffen, also führt uns unserer weiterer Weg Richtung Meer. Gemeinsam mit dem Adventuretrio geht es nach Pimentel. Ich liebe es ja eigentlich am Meer zu sein, aber hier im Vergleich Andenlandschaft oder Küste würd ich mich ganz klar für die Anden entscheiden. Ich war noch nie in Afghanistan, aber so würd ich es mir vorstellen. Die Häuser sind nicht verputzt und dadurch überwiegt die Farbe braun, wenn man vom Hotelzimmerfenster aus über die Stadt blickt. Gepaart mit dem beige des Sandes ein recht tristes Bild. Wir probieren den Kite ein wenig aus und besuchen Chiclayo, eine Stadt, in der ein Verkehr tobt, den wir zuvor uns nicht hätten vorstellen können. Oh du meine Güte – so stell ich mir eine Stadt in Indien vor! – Zumindest Verkehrtechnisch. Taxen, Busse, Colectivos, Mototaxen und normale Autofahrer – der absolute Wahnsinn. Jeder fährt wie es ihm beliebt…da wo ein Zentimeter Platz ist, schiebt sich schon jemand hinein nur um ne Sekunde eher dran zu sein. Niemand nimmt Rücksicht, jeder macht sein eigenes Ding und vor allem: jeder hupt – aus nicht ersichtlichen Gründen – diese Stadt ist voll und laut (wie jede andere Stadt in Peru auch) Auf dem Hexenmarkt versuch ich Kokussnussöl zu finden. Wir finden alles,aber kein Kokussnussöl. Südamerikanische Märkte sind der absolute Hammer. Diesen Reichtum an Früchten und Gemüse der hier wunderschön aufgestapelt zum Verkauf angeboten wird ist ein Genuss. Selbst das (natürlich ungekühlte) Fleisch hängend oder liegend zu betrachten ist einfach nur interessant. Frösche, Ziegenbeine, getrocknete Vögel, Schafsföten und allerhand Kräuter und Gewürze ziehen uns in ihren Bann. Nach ein paar Stunden in dieser chaotischen Stadt machen wir uns aufgrund schmerzender Füße auf den Weg nach Hause. Wir steigen in einen Kollektivo, der uns dann nach einer halsbrecherischen Fahrt durch dieses Verkehrschaos sicher nach Hause bringt.

Auf dem Weg nach Huanchaco führt das stundenlange (wahrscheinlich eher die Belastung der letzten Wochen)  Fahren auf Wellblech-Schotterpiste dazu, dass mein Federbein den Geist aufgibt. In Huanchaco kann uns diesbezüglich nicht geholfen werden, allerdings erklärt Touratech Deutschland sich bereit dazu uns ein Touratech Federbein nach Lima zu schicken. Bis dahin sind es zwar noch einige Kilometer, aber das kriegen wir schon hin bzw. ich krieg das schon hin. Mein Motorrad fährt sich als würde ich auf einem besoffenem Pferd reiten. Eigentlich nicht so schlecht..mit all dem Gepäck aber doch ein wenig ungünstig. Ok, ich finde mich damit ab, dass ich diesen Zustand bis Lima aus zu halten hab und wohl In Huanchaco treffen wir das erste Mal auf Josh, einem Amerikaner, der alleine auf seiner F800 unterwegs ist und hier in Huanchaco aufgrund einer Magen-Darm-Erkrankung hängengeblieben ist. Wir werden ihn später nochmal treffen und dann auch einige Zeit mit ihm unterwegs sein, aber dazu später mehr.

Nachdem wir uns jedenfalls das erste Mal bereits in Pimentel davon überzeugen konnten, dass die peruanische Küste uns nicht sonderlich vom Hocker haute, starten wir einen zweiten Versuch in Huanchaco, aber wie mans dreht und wendet…die köstliche Ceviche (roher Fisch in Limettensaft) der peruanischen Küste sind das Einzige was wir an dieser Küste lieben. Vergleichsweise nett gestaltet liegt dieser Ort am Meer, so ziemlich inmitten der Wüste. Huanchaco ist ein kleines Fischerdorf mit ca. 18000 Einwohnern. Es gibt ein paar Hostels, Bars und Restaurants. Wir geniessen diese Atmosphäre während wir den Fischern begeistern zugucken,wie sie sich mit ihren Zigarrenförmigen Totorabooten, die auch Caballitos genannt werden in die Wellen stürzen. Respekt.  Wir dachten ja dann, wir müssten auch etwas für unsere Bildung tun und besuchten die Ruinen von ChanChan. Warum sind wir hier nicht mit dem Motorrad hingefahren? Diese Anlage ist riesig…verteilt sich auf mehrere Kilometer..vielleicht ist es auch die Hitze, aber scheinbar sind und bleiben wir Kulturbanausen. Alles hier ist braun und staubig und diese Ruinen eben auch. Wenn uns die Mayaruinen in Mexiko und Guatemala begeistert haben, bleiben diese braunen Steine jedenfalls Steine unter Metallgerüsten. Da kann auch der nette Guide der uns hier rumführt und offensichtlich noch weniger Ahnung hat als wir nix dran ändern. Guide: „Hier sehen sie die damalige Küche oder vielleicht auch einen Flur…hier waren eventuell die Schlafräume oder vielleicht auch der Stall“. Sie hat zwar dazu beigetragen uns zu belustigen, jedoch konnte sie unseren Enthusiasmus auch nicht wecken.

In Jimbe und Abancay besuchen wir gemeinsam mit der EBM Quetchuafamilien in den Anden. Die Menschen, die wir besuchen sind sehr arm und die EBM hilft Ihnen beim Überleben. Eines der  Lehmhäuschen liegt auf einem Plateau der zuvor befahrenen Berge auf ca 4000m und bietet eine wunderschöne Aussicht auf die umliegende Landschaft. Das Leben könnte so friedlich sein. Die Sonne scheint, ein paar Kälber liegen faul auf der Wiese, das Schwein sult sich im Dreck und die Kinder schaukeln. Das Einzige was fehlt ist Wasser, Elektrizität und Nahrung.

Wir werden eingeladen selbstgemachten Käse und frische Kaktusfeige zu probieren und singen gemeinsam mit den Kindern einer kleinen Schule Lieder. Es  teilen sich 15 Kinder im Alter von 6 bis 14 einen Klassenraum und natürlich auch eine Lehrerin.  Wir werden still und bekommen einen Einblick, wie schwer das Leben hier oben ist. Die Erfahrungen, die wir mit der EBM gemeinsam machen dürfen, egal wie anstrengend es war, die Dörfer zu Fuß zu erreichen oder auch wie anstrengend es für die Seele ist, mit dem Leid der Menschen um zu gehen, die Erfahrungen sind es wert. Wir sind bewegt, beeindruckt und sehr dankbar, dass wir dies erleben dürfen. Ein ausführlicher Bericht hierzu folgt in Kürze in der Rubrik „Glauben“.

In Otuzco erleben wir auch ein wunderschönes Wochenende. Wir fahren nach Otuzco, in der Hoffnung dort ein Missionsehepaar der EBM zu treffen, aber irgendwie hat das nicht geklappt. Wir kommen Freitag mittag dort an und bestellen erstmal einen Kaffee am Marktplatz. Der Kaffee in Peru ist schrecklich; eigentlich wissen wir das ja schon- probieren es aber doch immer wieder. Hoch  konzentrierter Kaffe wird in heisses Wasser geschüttet. Ekelhaft, aber das einzige was wir bekommen. Der Markplatz ist mit Menschen gefüllt, es wird irgendetwas aufgebaut; uns ahnt Schlimmes, aber die einzigen Hotels hier liegen nunmal direkt am Marktplatz, also buchen wir uns in einem ein und hoffen, dass wir die Missionare schnell erreichen. Wir erreichen sie nicht und zudem fühlt Mirko sich nicht gut und nach ein paar Stunden muss er aufgeben und liegt mit Bauchschmerzen im Bett. Und so bleibt es die nächsten zwei Tage. Er hätte sich wahrscheinlich schneller kurieren können, wäre nicht 154 Jahr-Fest im Dorf gewesen. Freitagabend startet die Feier und hört Sonntag abend um 24Uhr auf. Blaskapelle wechselt sich mit der Band ab. Direkt vor unserem Zimmer. Es ist so laut, dass wir den Fernseher im Zimmer auf volle Lautstärke schalten müssen um etwas zu verstehen. Schade, dass wir nicht mitfeiern können, denn die Südamerikaner wissen zu feiern. Otuzco ist ein wunderschönes Dörfchen. Wäre nicht diese megalaute Feier und Mirko nicht krank könnten wir es ja hier richtig geniessen. Wir versuchen uns zwar zwischendurch an einem kleinen Spaziergang, aber scheinbar bin ich auch nicht richtig fit. Wir spazieren 45 minuten herum und auch wenn Otuzco nur auf 2640 m liegt, scheint es nicht nur die Höhe zu sein, die uns das Atmen erschwert.

Von Jimbe aus führt uns unser Weg nach Caraz. Wir wollen uns dort mit dem Adventuretrio auf einem Campingplatz treffen. 129Km liegen vor uns. Wir haben ja schon festgestellt, dass Peru ein Land ist, in dem man nie so genau weiss, was einen erwartet, aber dass wir für 129km 8 Stunden brauchen, hätten wir nicht gedacht. Wir fahren eine Kurve nach der anderen – 8 Stunden Kurven durch wunderschöne Landschaft. An Schafsherden und Alpacas vorbei, einspurige Fahrbahnen, Erdrutsche, steile Abhänge – wundervoll. Was für Aussichten wir an diesem Tag geniessen durften, kann ich garnicht richtig beschreiben. Seht selbst auf den Fotos.

Zwar wird der Spruch „You never know“ unser Dauerbrenner, aber es ist einfach toll. Wir wissen nie wie der Tag verläuft; Abenteuerland Peru.

In Caraz verbringen wir ein paar Tage gemeinsam mit den Dreien. Wir genissen es endlich mal wieder im Zelt schlafen zu können.

Wir hätten es noch ein wenig mehr geniessen können, wäre da nicht ein kleiner Zwischenfall passiert. Sandy und ich fangen an zu kochen, Terry, Jack und Mirko sind gemeinsam ins Dorf unterwegs noch ein paar Lebensmittel zu besorgen.

Von diesem kleinen Einkauf sind eigentlich nur zwei der drei heil am Campingplatz angekommen, denn eine ungeschriebene Verkehrsregel hier in Peru besagt, dass derjeniege, der von einer Hauptstraße links abbiegen möchte den von hinten kommenden Verkehr erst überholen lassen muss. Wäre gut zu wissen gewesen…dann wäre der Collectivo wohl auch nicht in den links abbiegenden Mirko gefahren. Ich werd das nie vergessen wie Terry völlig aufgelöst auf den Campingplatz fährt und schreit „Claudia komm-Mirko hatte einen Unfall“ – schreckliches Gefühl. Ich springe auf sein Motorrad und er bringt mich 200m weiter zum Unfallort. Mirko sitz an einem Pfosten angelehnt, das Motorrad ein paar Meter neben ihm im Graben und zwei Dutzend Personen stehen umher. Ein absolutes Durcheinander hier. Die Leute reden auf uns ein und versuchen mir zu erklären, dass Mirko schuld ist. Vor meiner Anwesenheit wollte sich der Kolliktivofahrer ins Auto setzen und weiterfahren. Scheinbar sei ja nichts passiert. Mirko springt auf und reisst den Autoschlüssel aus dem Schließfach-dummerweise geht hierbei der Seitenspiegel kaputt und sein Fußtritt gegen die Stoßstange sorgt noch dafür, dass diese halb abfällt. Gefährt und Fahrer ist jedenfalls nichts passiert und nach zwei Stunden auf der Polizeiwache ist dann auch geklärt, dass der von Mirko in der Wut zerstörte Seitenspiegel des Collectivos nicht von uns bezahlt werden muss. Eine Entschuldigung wird übrigens nur von Mirko ausgesprochen; der Collectivofahrer meint nur „Unfälle können passieren“.

Am nächsten Tag geht es Mirko verhältnismäßig gut – es ist wirklich nichts schlimmes passiert und so unternehmen wir einen kleinen Ausflug in die Umgebung. Aufgrund meines Federbeines muss ich jedoch irgendwann zurückbleiben, die Strecke ist ab einem gewissen Punkt too much für mein Motorrad. Terry ist heute nicht gut zurecht und so drehen wir schonmal die Motorräder und Sandy und Mirko rasen den Pass hinauf zur Lagune. Die Umgebung ist herrlich und wir geniessen die Stille und quatschen über Gott und die Welt während wir auf unsere Partner warten.

Unser weiterer Weg führt uns wieder gemeinsam nach Huaraz, vorbei an den schneebedeckten Bergen der Kordillera Blanca. Sie ist mit einer Länge von 180km und über 50 Bergen über 5700m die höchste Gebirgskette des amerikanischen Kontinents.

Was soll ich sagen? Wieder eine spektakuläre Strecke, mit atemberaubenden Ausblicken. Irgendwo im Niergendwo veruchen wir uns dann an den geliebten „Springbildern“. Was auf den Fotos so einfach aussieht, ist jedoch auf ca. 5000m Höhe Extremsport. Ich war glücklich überhaupt atmen zu können und dann auch noch zu springen hat mich echt gefordert.

In Peru hinterlassen die Strapazen des Tages oft ihre Spuren. Sei es die Höhe oder die Straßenbeschaffenheit, oder das Essen oder die waghalsigen Verkehrsteilnehmer…abends sind wir hundemüde, kaputt und dreckig im Gesicht von all den Abgasen und dem Sandstaub überall. Peru empfinden wir als ziemlich hartes Land. Wunderschön, aber anstrengend.

So zum Beispiel der Weg von Huaraz nach Huanaco. Zum Mittagessen halten wir in einer netten kleinen Küche (siehe Bild) zum Essen und anschließend schlängeln wir uns weiter durch die Anden.

Bis wir Halt machen müssen, weil uns etliche Autos den Weg versperren.

Scheinbar ist weiter vorne ein Unfall, da wir aber davon ausgehen, dass es irgendwann weitergeht und wir dann nicht alle vor uns haben wollen, schlängeln wir uns durch die kreuz und quer stehenden Autos (natürlich ist jeder so stehengeblieben, dass er sich eventuell noch an dem vor ihm stehenden Auto vorbeischlängeln könnte) nach vorne.

Ein Stück der sowieso schon einspurigen Straße ist weggebrochen und ein LKW, der dies wohl verursacht hat, liegt nun am Berg angelehnt im Graben. Zwischen LKW und Abhang werden grade ca. 1,50 von den Männern mit Sand, Holz und Gestein aufgefüllt. Etliche Menschen tummeln sich hier herum und jeder meint uns gute Ratschläge geben zu müssen. Leider sind ihre Aussagen so widersprüchlich, dass sie uns auch nicht wirklich weiterhelfen. Also gucken wir uns die Stelle etwas genauer an und beratschlagen.  Wirklich vertrauenswürdig sieht das ja nicht aus, wenn wir aber hier nicht schlafen wollen, müssen wir da wohl dran vorbei. Unbeeindruckt von den Rufen nach Geld für die Durchfahrt, fährt Mirko als erster durch,ohne zu bezahlen. Die Gebühr bekommen sie dann aber anschliessend von uns, nachdem wir lebend auf der anderen Seite angekommen sind. Schließlich sind wir stark beeindruckt von den Menschen, die auf diesen Höhen leben und arbeiten.

In Huanaco entschließen wir uns noch für ein paar Tage in den Dschungel zu fahren. Ich würd so gern Flussdelfine sehen; die Gelegenheit würde sich in Naranjillo, ein bisschen weiter südlich, ergeben. Wir haben noch ein paar Tage Zeit bevor wir in Lima sein müssen, und außerdem sei Tingo Maria auch in zwei Stunden zu erreichen. Generell, wenn wir nach dem Weg oder der Fahrbahnbeschaffenheit fragen, weiss auch meistens irgendeiner Antwort auf diese Frage. Später stellen wir für uns fest, dass wahrscheinlich mehr als die Hälfte der Befragten noch nie das eigene Dorf verlassen hat, uns jedoch nicht mit einem „Ich weiss es nicht“ abspeisen wollte.

„Ah! Diese Straße ist neu asphaltiert! Gar kein Problem. 2 Stunden seit ihr da.“ – Ja klar, vor zwanzig Jahren oder wann wurde hier asphaltiert? Wahrscheinlich glaubt hier jeder, dass wir mit unseren Motorrädern fliegen können?

Diese „neu asphaltierte Straße“ führte jedenfalls dazu, dass aus vorhergesagten 2 Stunden mal eben 6 wurden.  Extrem viele Schlaglöcher, etliche Erdrutsche, Regen und Offroadpassagen haben dazu beigetragen, dass wir dann doch geringfügig länger brauchen. Bauarbeiter mit schwerem Gefährt haben wir an diesem Tag viele gesehen…allerdings nicht um die Straße neu zu asphaltieren, sondern vielmehr um die Erdrutsche zu beseitigen. So viel zum Thema neu asphaltiert. Flussdelfine haben wir dann auch nicht gesehen, da es die ganze Zeit geregnet hat und somit die Straße nach Naranjillo weggespült hatte. Wir hätten es gewagt, hätten wir nicht mein kränkelndes Federbein, welches solche Versuche fast ausschließt. Also geht es wieder zurück nach Huaraz und von dort nach Lima.

Die Strecke von Huanaco nach Lima ist das erste Mal in Peru, dass wir uns an eine 400km lange Etappe wagen. Es ist ein langer Tag, aber es klappt. Auf den letzten Metern vor Lima trennen wir uns kurzzeitig vom Adventuretrio, Mirko und ich machen uns einen Spaß daraus, die etlichen LKWs zu überholen. Herrlich kurvige Strecke mit einem großen Spaßfaktor. Obwohl wir zwei Pausen mehr als das Adventuretrio machen, stecken wir eher als sie im Verkehrschaos des Feierabendverkehres fest. Also auch nicht wirklich was gewonnen.

In Lima besuchen wir Touratech Peru und bauen das neue Touratech Fahrwerk in mein Motorrad ein. Man, welch ein Genuss wieder normal fahren zu können. Ich bin glücklich, auch wenn ich mich schon fast an das besoffene Pferd gewöhnt hatte. Bei Touratech Peru halten wir unsere erste Präsentation in spanisch. Sagen wir mal so…es hat geklappt. Zwar kamen wir uns ein wenig blöd vor mit unserem schlechten spanisch, aber die Leute sind trotzdem sitzen geblieben 😉

Irgendwo auf unserem Weg von Lima nach Abancay zum EBM Projekt hat Mirko sich dann eine Parasitenerkrankung zugezogen. Wir dachten ja erst, es ist die Höhe, da wir in Lima noch auf Meeresspiegelniveau gestartet sind und schon direkt auf 2800m geschlafen haben.

In Ayacucho (einer schäbigen, lauten Stadt) war er dann schon so richtig krank und in Abancay ging dann nichts an dem Weg zum Doktor vorbei. Insgesamt war er 10 Tage krank und musste auf die Zeit bei den Missionen um Abancay herum verzichten. (hierzu wie gesagt mehr in der Rubrik „Glauben“)

Generell fühlen wir uns oft nicht so fit hier in Peru. Wahrscheinlich ist es ein Misch aus Höhe und Essen…fast jeden Tag ist uns schlecht, wir sind müde und kaputt oder haben Bauchschmerzen und Durchfall. Und so kommt es, dass wir in Cusco sind und unabhängig davon, dass wir uns den Besuch bei den weltberühmten Ruinen von Macchu Picchu auch garnicht leisten können, sie uns auch garnicht leisten wollen. Wir sind wieder mal nicht so gut zurecht und das erste Geschäft was wir in Cusco ansteuern ist der Mc Donalds. Wir finden es selbst absurd, aber mit McDonalds finden wir ein Restaurant, in dem wir das Essen gefahrlos zu uns nehmen können. Außerdem haben wir auch nicht wirklich lust wieder Suppe, Reis und Hühnchen zu essen. Seit Wochen (seit Guatemala eigentlich) essen wir überwiegend Reis mit Hühnchen, oder Reis mit dünngeklopftem Rindfleisch. Die Mahlzeiten sind so günstig, und es ist ja auch meistens lecker, aber halt jeden Tag das gleiche??

Wir schlendern in Cusco herum, gehen zur Massage und essen zwei mal in einem Fastfoodladen. Selbst einen guten Kaffee in einem richtig netten Kaffeeladen gönnen wir uns.

Das Altstadtzentrum Cuscos ist wunderschön und wir geniessen die Annehmlichkeiten einer netten Touristenstadt sehr. Alles ist sauber, nichts ist staubig und der Verkehr (zumindest da wo wir unterkommen) ist ganz gesittet.

So nett es hier aber auch ist, der Lago Titicaca wartet auf uns.

Wir treffen uns mit Josh, dem Amerikaner auf der F800 nach seiner Tour zum Macchu Picchu in Cusco wieder. (War übrigens voll blöd wie er sagt: nebelig und tausende von Touristen- würd er nicht nochmal machen). Zusammen wollen wir bis nach La Paz, Bolivien.

Nachdem wir die Stadt Juliaca lebend wieder verlassen (es hat uns niemand überfahren), erreichen wir das letzte Highlight in Peru – den Titicacasee mit den schwimmenden Inseln der Ursus. Der Titicacasee ist der höchste mit Schiffen befahrene See der Welt und liegt mit 3800metern auf einer Höhe, auf der selbst der kleinste Anstieg unüberwindbar scheint. Ursprünglich als Schutz vor den Inkas gedacht, lehnen die stolzen Ursuaner es heute strikt ab, aufs Festland zu ziehen. Sie haben den Tourismus als Einnahmequelle entdeckt und so erinnert ein Besuch der Inseln ein wenig an eine Butterfahrt. Sobald der erste Fuß auf die Inseln gesetzt wird, werden auch direkt die Verkaufsstände aufgebaut und so lange mit der Weiterfahrt gewartet, bis mindestens die Hälfte dann auch irgendetwas eingekauft hat. Wenn man allerdings die Ursos so sieht, wie sie leben, selbst wenn sie teilweise mittlerweile Solarpenels auf den Dächern haben um nachts zumindest ein wenig Licht zu haben, leben sie nach wie vor sehr einfach und wir haben uns dreimal überlegt, ob wir nicht irgendwie Platz in unseren Koffern herstellen können, um nicht doch ein Mitbringsel einpacken zu können. Wir haben uns dann allerdings für eine Fahrt mit einem der riesigen Schilfboote entschieden, anstatt irgendeinen Krams zu kaufen. Aber egal wie mans macht, die Stille des Sees gepaart mit den traditionell gekleideten Peruanern bleibt einfach ein grandioses Erlebnis.

Und so endet unser Abenteuer Peru an dem Tag, an dem wir auf 3810m die Stille und den fast wolkenlosen Himmel des Altiplanos geniessen.

Ein Gedanke zu „Atem (be) raubend – In den Anden Perus 

  • 24. September 2015 um 08:55
    Permalink

    Ihr Lieben, wirklich abgefahren was ihr erlebt, ich kann mir die Strapatzen gut vorstellen. Das Gott euch bewahrt und freundliche Menschen in den Weg stellt ist wunderbar.
    Euere Mägen müßten schon gut abgehärtet sein, trotzdem passt auf was ihr esstund wie die Verkehrsregeln in den einzelnen Ländern sind.
    Euch Gottes Bewahrung und Zeugnis für die Menschen wo immer ihr hin kommt.
    Der Friede Gottes sei mit EUCH. Detlev Oster CMA, Chapter: Liht and Salt

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