In den Gemeinden der Anden Perus

Nachdem wir nun bereits seit über einem Jahr unterwegs sind und mittlerweile auch den zweiten Kontinent unserer Reise erreicht haben, war die Freude darauf endlich das erste Projekt der EBM zu erreichen fast nicht mehr zu bremsen. Im letzten Jahr drehte sich bei uns so viel um die EBM i.v.m 2AR, dass wir nun auch das erleben wollten, was wir uns vorgestellt hatten.

In Peru war es dann das erste Mal soweit; wir besuchen Gemeindegründungsprojekte der EBM.

Wir wussten nicht ganz so genau was uns erwartete, hatten wir doch bis dato keine Ahnung von Gemeindegründungsprojekten und dem, was wir uns hierunter vorstellen konnten.

Im Norden Perus, im Caceres del Peru in der Provinz Ancash hatten wir Ende April für ein paar Tage die Möglichkeit den Missionar Hugo Mondenedo und dessen Ehefrau Carlotta auf ihren Besuchen zu den umliegenden Gemeinden zu begleiten. Hugo ist verantwortlich für 6 Missionsarbeiten. Von Jimbe aus ist jeweils eine lange und schwerfällige Anreise mit dem Auto erforderlich um die Missionsarbeiten zu besuchen.

Jimbe, ein hübsches kleines südamerikanisches Dorf, ist die Hauptstadt der Provinz Ancash. Es leben wohl um die 5000 Menschen in der Region Jimbe, in der Stadt deutlich weniger. Der Standard ist hier deutlich geringer, als das was wir kennen. Die Meisten leben von dem, was sie auf eigenem Land und Boden sähen oder ernähren können. Jimbe ist kein typisches Touristenziel, obwohl es dort einen wirklich hübschen Park, zwei Pensionen, eine Handvoll Tiendas für das was man täglich brauchen könnte (sofern man es bezahlen kann) und ebenso eine Handvoll Restaurants gibt. Wer sich jetzt eine Stadt mit einem Rewe-ähnlichen Geschäft vorstellt liegt falsch; Benötigt man etwas Außergewöhnliches geht kein Weg an einem Besuch in dem ca.80 km entfernten Chimbote vorbei.

Wenn sich also zwei Weiße auf dicken Motorrädern auf den Weg nach Jimbe machen, erregt dies auf jedenfall das Interesse der Bewohner. Und so kam es, dass wir in Jimbe vom Bürgermeister persönlich empfangen wurden. Im Kreis von ca. 15 Personen, u.a. wichtige Vertreter von Ehrenämtern wie Feuerwehr, Polizei und Schatzmeister bekamen wir eine Ehrenurkunde ausgehändigt und wurden herzlich als Gäste in Jimbe begrüßt. Auch wenn wir in diesem Moment im Mittelpunkt standen, so nahmen wir aus dieser Situation mit, dass Hugo eine sehr geschätze Person in dieser Gegend sein muss. Die Interaktion zwischen Bürgermeister und Hugo bestätigte das Gefühl, welches bereits auf dem Weg von Chimbote nach Jimbe entstanden war.

Da wo Hugo und Carlotta auftraten, erfüllen sie den Raum mit respektvollem, zugewandtem  Miteinander.

Wir spürten, dass die Beiden uns, genauso wie wir sie, bereits in ihr Herz geschlossen hatten und so ging es in einer sehr angenehmen Atmosphäre mit den Beiden die nächsten Tage zu den Missionsarbeiten in den umliegenden Dörfern.

Vom Grunde her hört sich dies nicht schwierig an…ins Auto setzen und los. Wenn man jedoch berücksichtigt in welchem Zustand sich die Piste (würde ich Straße schreiben, würde man sich eine zweispurige asphaltierte Straße vorstellen, und dies wäre falsch) befindet und welch eine Verantwortung auf den Schultern von Hugo lastet, sieht man die Sache doch vielleicht ein wenig anders.

In der Gegend um Jimbe kommen jährlich aufgrund der starken Regenfälle schlimme Erdrutsche vor. Straßen (Pisten), die auch unter „Normalzuständen“ in Deutschland nichtmal mit einem Feldweg vergleichbar wären, werden unpassierbar. Selbst wenn die Straßen passierbar sind, ist die  zweistündige Fahrt auf enger Sand,-Schotter,- Geröllpiste, an steilen Abhängen vorbei immer noch ein Abenteuer, selbst im Auto.

Durch wunderschöne Andenlandschaft ächzte der kleine Jeep bis wir an einem idyllisch gelegenem Häuschen auf ca. 4000 m Halt machten um dort Mitglieder der Missionsarbeiten zu besuchen. Bunt gekleidete Menschen in traditioneller Hochlandkleidung begrüßen uns. Der Weg für die Menschen hier oben nach unten ins Dorf nach Jimbe dauert zu Fuß einen ganzen Tag. Für eine Bibelstunde oder einen Gottesdienst für viele undenkbar. Hugo und Carlotta sind die einzige Möglichkeit für die Menschen hier oben einen Zugang zur Guten Nachricht zu bekommen. Sie fahren jede Woche in die Dörfer. Das Lehmhäuschen dieser Brüder und Schwestern liegt auf einem Plateau der zuvor befahrenen Berge und bietet eine wunderschöne Aussicht auf die umliegende Landschaft. Das Leben könnte so friedlich sein. Die Sonne schien, ein paar Kälber lagen faul auf der Wiese, das Schwein sulte sich im Dreck und die Kinder schaukelten. Die Oma beaufsichtigte ihre beiden Enkel; der Vater besorgte grade Feuerholz und die Mutter war tief im Tal Wäsche waschen. Sie würde nicht vor dem morgigen Tag zurück erwartet, da sie einen ähnlichen Weg wie wir zweistündig mit dem Auto, zu Fuß bewältigen muss. Hier oben gibt es kein Wasser und auch kein Strom. Wasser muss mühselig aus dem Dorf hochgeschleppt werden. Meistens helfen hierbei Esel, manchmal auch ein Auto. Wir werden still und bekommen einen Einblick, wie schwer das Leben hier oben ist.

Ein paar Meter weiter hielten wir erneut um eine Schwester zu besuchen. Sie lebt in einem etwas kleinerem Lehmhäuschen in dem sie Käse zum Verkauf herstellt. Sie lud uns ein den Käse zu probieren; öffnete hierzu einen Eimer mit Frischwasser, wusch sich die Hände und griff anschließend in den von Fliegen umschwirrten Eimer, um einen Laib Käse gegen den zuvor auf dem Regal zum Trocknen und Verzehren bereitliegenden Laib zu ersetzen. Ob unsere europäischen Mägen diesen Käse vertragen? Es war still und angenehm hier…wir spürten den Stolz der Frau uns den Käse anbieten zu können – wir mochten nicht verzichten. Wir teilten den Käse und die violettfarbige Süßkartoffel bedächtig zu viert und genossen den Moment in dem kleinen dunklen Holzhäuschen. In Peru gibt es 4000 verschiedene Sorten Kartoffeln. Wir probierten einige der leckeren Wurzeln und wussten garnicht in welch Farben es dieses Gemüse überhaupt gibt. Viele der Menschen im Hochland sind mit dem Kartoffelanbau beschäftigt. Eine harte Arbeit auf dem Hochland. Uns fällt selbst das Atmen schwer und die Menschen hier, bestellen fleißig ihren Acker. Unglaublich, welch schweren Lasten sie auf ihrem Rücken tragen und wie alt die Menschen sind, die noch auf dem Acker stehen und arbeiten.

Unsere Fahrt an diesem Tage endete in einem kleinen Dorf. Ich hätte nicht gedacht, dass so hoch oben überhaupt noch ein Dorf zu finden ist, wenn doch niemand in dem Dorf ein Auto zu haben scheint. Welch Strapazen mit einem einfachen Arztbesuch verbunden sein müssen. Frisches Brot, Fleisch, Milch, Käse – kann nur dann genossen werden, wenn einer im Dorf es herstellt. Wir besuchen die Schule aus dem Ort. Eine Schule in der Kinder von 6-15 Jahren gemeinsam in einem Raum unterrichtet werden. Als die Kinder Hugo und Carlotta aus der Ferne erkannten, strahlten ihre Gesichter. Überall wo Hugo und Carlotta erscheinen, scheinen die Herzen zu strahlen. Am Anfang noch ein wenig verhalten uns gegenüber, war das Eis zwischen uns jedoch schnell gebrochen und sie berichteten freudig und stolz über ihren Schulalltag. Wir sangen ein wunderschönes spanisches christliches Lied zusammen. Ich kann es nicht vollständig wiedergeben, werde es aber trotzdem nie vergessen.

Unter anderem besuchten wir auch die Gemeinde in Colap. Ein Dorf, mit einer wunderschönen katholischen Kirche. Diese Kirche wird jedoch nur einmal jährlich geöffnet; nämlich dann wenn Jubiläum im Dorf gefeiert wird und der Pastor sich herauf bewegt.

Die kleine Baptistengemeinde dort besteht aus bereits um die 15 Personen, die sich mindestens 1x wöchentlich treffen. 15 Personen, die unheimlich glücklich und stolz über das Gebäude sind, welches sie mit Hilfe der EBM als Gemeinderaum nutzen können. Dieser Raum ist nicht im Entferntesten mit der gegenüberliegenden katholischen Kirche zu vergleichen. Er ist von außen, sowie von innen nicht verputzt, eine Fensterscheibe sowie Bänke, Stühle, Kanzel oder Bücher fehlen. Es ist einfach nur ein Raum. Durch die Tür dringt bei Regen Wasser hinein, aufgrund dessen die Tür versetzt werden soll. Der Vorbesitzer hat den Bereich, der als Kanzel genutzt werden könnte aus welchen Gründen auch immer zerstört, so dass auch hier noch Hand angelegt werden muss. Hände wären genügend da….Gelder jedoch im Moment nicht.

Sie wissen, dass es noch ein langer Weg sein wird, bis sie Gottesdienst auf Stühlen oder Bänken dort feiern können, aber sie wissen auch, dass das Vertrauen auf Gottes Wirken ihnen dabei helfen wird, diese Zeit zu überstehen. Mit Gott an ihrer Seite fehlt es ihnen an Nichts. Eine Haltung, die mich unheimlich bewegt hat und die mein Herz dafür geöffnet hat, was wirklich wichtig ist.

Einen sehr schönen und bewegenden Gottesdienst konnten wir vor einem Haus sitzend auf dem Boden feiern. Ein paar Schafsfelle oder Kissenbezüge wurden verteilt, Hugo nahm seine Trommel in die Hand und dann wurde während des Sonnenunterganges gesungen und gebetet.

Es war unheimlich beeindruckend mit welcher Hingabe und Liebe Hugo den Menschen um ihn herum das Wort Gottes näher bringt. Viele können nicht lesen, somit auch nicht die Bibel zu Hilfe nehmen oder Lieder ablesen, aber sie hängen an seinen Lippen. Sie wissen was in der Bibel steht von dem was Hugo ihnen beigebracht hat. Lieder singen sie auswendig mit und es scheint als könnten sie die Bibel auf Knopfdruck auswendig. Wir waren sehr beeindruckt. So etwas hatte ich noch nie erlebt.

Eine alte Frau aus Jimbe, sie spricht kein Spanisch, nur Quetschua, hat mich besonders beeindruckt. Sie kommt zu jeder Veranstaltung die in der Baptistengemeinde in Jimbe stattfindet. Die Lieder auf Quetschua versteht sie, das was sie nicht versteht, wird ihr später erklärt, aber das was sie definitiv begreifen kann, ist die Liebe Gottes, die aus Hugos Worten zu spüren ist. Selbst für uns mit unserem schlechten Spanisch war es ein Genuss Hugo zu zu hören. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Begeisterung für das Wort Gottes erlebt, wie hier in Peru.

Die Menschen sind dankbar von Hugo besucht zu werden. Sie freuen sich wenn sie ihn sehen und nehmen jede Minute mit ihm dankbar entgegen. Nachdem wir uns in Colap von den Schwestern und Brüdern verabschieden wollten, lud uns eine der Schwestern noch zum Essen ein. Sie besaß eine kleine Tienda, ein Kiosk, welches es in jedem noch so kleinen Dorf Südamerikas gibt.

Ich freute mich über die Einladung, war jedoch ein wenig verwirrt, als wir uns von der Tienda entfernten. Ich verstand, dass sie uns in das ortsansässige Restaurant einlud, jedoch selbst nicht beim Essen dabei sein würde, da sie zurück zur Tienda musste. Nun war ich noch verwirrter; Hugo spürte meine Verwirrtheit und fragte mich was sei. Ich antwortete, dass es schwierig sei für mich, mich von jemandem einladen zu lassen, der so viel weniger habe als ich. Er berührte meine Schulter, blickte mich an und fragte „ Wer sagt, dass diese Frau arm ist?- Sie hat eine Tienda und kann hiermit gut für ihren und den Lebensunterhalt ihrer Familie dienen. Nimm die Einladung an und du erweist ihr gegenüber Respekt einen deutschen Gast bewirten zu dürfen“. Dehmütig und einsichtig musste ich schlucken und bedankte mich respektvoll für die Einladung.

In Abancay, einer großen Stadt im südlichen Zentralperu auf 2377m hatten wir Ende Mai die nächste Möglichkeit das Wirken der EBM kennen zu lernen. Also eigentlich hatte nur ich die Gelgenheit, denn Mirko lag mit Darmparasiten mehr als eine ganze Woche krank im Bett.

Wir wurden herzlich von dem für diese Region zuständigen Missionar Adrian Campero begrüßt. Wie wir später feststellen konnten, eine wichtige Person in dieser Region. Im Baptistenbund dieser Region befinden sich 57 Gemeinden, somit schon eine ganz andere Nummer als das was wir in Jimbe kennengelernt hatten. Die Mitarbeiter und Pastoren treffen sich 4 x jährlich um Aktuelles zu besprechen und von Adrian geschult, betreut und in der Missionsarbeit begleitet zu werden. Diese Gemeinden verteilen sich auf einen großen Raum in der Region Apurimac und sind oftmals nur sehr schwer zu erreichen. Adrian und sein Team besuchen die kleinen Andendörfer und sähen Hoffnung, auf das Wort Gottes Vertrauen zu können.

Ich durfte für eine kurze Zeit Teil dieses Lebens sein und erfahren, was es bedeutet Missionar in den Anden Perus zu sein und wie hart und auch großartig dieses Leben ist.

Für die 150km bis nach Ccahuanate benötigten wir 4,5 Stunden. 36Km und 1,5 Stunden hiervon fuhren über asphaltierte, einspurige Kurven, dann wechselte die Fahrbahn über in Geröll,-Stein,- Schotter,-Sandgemisch bis zum Ende. Es blieb einspurig und somit meiner Ansicht nach bei der peruanischen Fahrweise lebensgefährlich. Selbst über spitze Steine und Spitzkehrenartigen Kurven fuhren wir mit 50km/h die Piste entlang, so dass der Platten nicht wirklich verwunderte. Nach einem schnellen Reifenwechsel konnte es jedoch weitergehen. Die Gemeinde, die wir in Ccahunate besuchten, besteht aus ungefähr 35 Personen. Viele von ihnen befanden sich jedoch zum Zeitpunkt unseres Besuches bei der Kartoffelernte, so dass wir Gottesdienst mit ca. 12 Personen feiern konnten. Hierzu versammelten wir uns am Haus einiger Geschwister, doch um dorthin zu gelangen, mussten wir  erstmal 1,5 stunden den Berg hochklettern. Einen Weg mit dem Auto gab es nicht.  Auf ca. 4000 Höhenmetern wirklich nicht einfach. Oben angekommen wurden wir erstmal mit Kaktusfeigen zum Durstlöschen begrüßt. Es war trotz der Höhe sehr warm und wir ziemlich kaputt von dem Weg. Naja, eigentlich war nur ich so richtig platt…voller Respekt beobachtete ich schon den ganzen Weg über wie leichtfüßig Adrian an mir vorbeisauste und uns immer wieder anspornte „Nur noch ein bisschen…nur noch ein bisschen“. Wir sangen und beteten zusammen. Adrian hat für die Quetschuas spanische christliche Lieder auf Quetschua übersetzt oder eigene Lieder komponiert und Liederbücher erstellt. Jeder hatte seine eigene Bibel und nun auch sein eigenes Liederbuch. Mit Hilfe der EBM konnte er die Finanzierung dieser Materialien realisieren. Nachdem die anfängliche Scheu der Gemeindemitglieder mir gegenüber verflogen war, wurden fleißig Fotos gemeinsam gemacht und Umarmungen ausgetauscht. Es gab riesige Portionen Schafsfleisch mit Gemüse und zum Nachtisch frische Kaktusfeige. Mir wurde eine tiefe Dankbarkeit entgegengebracht, dass ich mich aus Deutschland, dem Land der EBM, dem Land der Hilfe, auf den Weg gemacht habe um sie zu besuchen.

Es stand noch ein weiterer Besuch bei einer Gemeinde an. Die erste Gemeinde der Baptisten in dieser Region, bereits 1989 erbaut. Es sei nicht weit entfernt, diesen Berg runter und den nächsten hoch. 5Km-wie ich später erfuhr. Ich war so glücklich als mir auf halber Strecke ein Pferd angeboten wurde. Ich konnte keinen Meter mehr eigenständig gehen. 5 km hört sich nicht viel an, wenn man aber berücksichtigt, dass auf diesen 5km ungefähr 300Höhenmeter aufwärts zu überwinden sind, kann man sich vielleicht ansatzweise vorstellen, wie anstrengend ein solcher Weg sein kann. Das Pferd meisterte die engen Geröllpassagen einwandfrei. Es war zwar selbst unglaublich am Schwitzen und es tat mir leid, aber es ging nicht anders. Als ich dachte es sei nicht mehr weit und ich hätte genügend Kraft gesammelt den restlichen Weg eigenständig zu meistern bot ich das Pferd Adrian an. Mit meiner Einschätzung ich hätte genügend Kraft gesammelt, hatte ich mich definitiv getäuscht und so quälte ich mich die restlichen 30 min. ziemlich langsam den Berg hoch. Später erfuhr ich dass der Pastor in Pampa Huiti diesen Weg in 10min meistern würde. Ich bezweifel die Glaubwürdigkeit dieser 10min noch immer, aber immerhin benötigt er keine zwei Stunden. Als wir ankamen, wurde vom Pastor mehrmals eine Glocke geläutet und innerhalb von 20min füllte sich die Wiese vor der Kirche mit ungefähr 30 Personen. Alle begrüßten wir uns mit Küssen und einem kleinen Gruß. Niemand schien überrascht über meine Anwesenheit – ich wurde einfach aufgenommen. Während Adrians Predigt konnte ich wieder erleben, was ich aus Deutschland bisher nicht so kannte. Selbst wenn die Menschen vielleicht müde von ihrem Tag waren, selbst wenn sie vielleicht zwei kleine Kinder zu beaufsichtigen hatten, sie sogen die geistliche Nahrung auf. Sie strahlten eine tiefe Dankbarkeit aus, dass sie die so benötigte Nahrung erhalten dürfen. Sie freuten sich, diesen Zugang haben zu können. Sie lachten und die Augen leuchteten. Es ist keine Last in die Kirche zu gehen, es ist eine Freude, eine Ehre. Einer der Älteren bat mich mit ihm gemeinsam zu beten. Ich war gerührt von diesem Wunsch und auch geehrt. Adrian fragte mich bereits innerhalb der Predigt nach meinem Lieblingsvers und so legten wir unsere Hände über diesen traurigen Mann und beteten für ihn. Wir sprachen ihm die Worte aus Psalm 23 zu. „Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln“ und baten für Hilfe. Er weinte und bedankte sich bei uns. Wir umarmten uns und tranken noch einen Schluck Tee, bevor wir uns auf den Abstieg machten.

Unten im Tal angekommen, war es bereits dunkel, und kalt. Also ging es schnell ins Auto. Auf dem Rückweg wollten wir noch die Gemeinde in Raccarray besuchen.

Als wir mit Taschenlampenlicht über die Wiese herbeigeeilt kamen, blickten wir in ausschließlich fröhliche Gesichter. Niemandem merkte man an, dass sie bereits 2 Stunden auf uns warteten; niemand nahm uns die Verspätung übel – es war einfach nur Freude und Dankbarkeit, dass Adrian da war. Der Raum, hier verputzt und gestrichen, war liebevoll gestaltet und mit Büchern, Bänken und einer kleinen Kanzel ausgestattet. Die Plastikblumen in den Pfirsichdosen und die Weihnachtsgirlanden machten den Raum irgendwie feierlich. Ich glaube, ursprünglich war von Adrian nur eine kleine Andacht geplant, da sich aber der Begeisterung über unseren Besuch niemand so wirklich entziehen konnte, wurde aus der gedachten Andacht ein 1,5 stündiger Gottesdienst. Zwischendurch hab ich an unseren armen Fahrer gedacht, der unten wartete, weil er dachte es würde nicht lange dauern. Als aber wieder dieses wunderschöne Quetschualied ertönte, bei welchem ich bereits beim ersten Mal so gerührt war, dass ich weinen musste, hab auch ich den Gottesdienst, die Freude unseren Herren zu lobpreisen einfach nur genossen. Natürlich wäre es einfacher gewesen, würde ich Quetschua verstehen, aber selbst wenn ich das Gesagte nicht verstanden habe, habe ich sehr wohl verstanden, mit welcher Liebe und Begeisterung Gott gepriesen wird.

Auf dem Rückweg, direkt auf dem Pass mit eiskaltem Wind, ging die Kupplung vom Auto noch kaputt. Unser Fahrer eröffnete dann noch, dass er nicht mehr fahren könne, er sei zu müde und so fuhr ich die restlichen Kilometer nach Hause. Das erste Mal im Auto sitzen nach ca. einem Jahr und dann auch noch eine solche Strecke über Geröll an steilen Abhängen vorbei. Schlussendlich kamen wir nach einem ca. 20-stündigem Tag müde und zufrieden in Abancay an.

Ein andermal besuchen wir ein Gemeindefest in der Gegend um Ancahuasi. Wir feiern Gottesdienst zusammen und geniessen die Gemeinschaft. Wir essen und singen gemeinsam und geniessen die Gemeinschaft. Wir hatten uns zwar vorgenommen, nicht noch einmal Cuy (Meerschweinchen) zu probieren, als wir dann aber vom Gemeindeleiter zum Cuy eingeladen werden, probieren wir es natürlich noch einmal. Und diesmal schmeckt es sogar noch viel besser 😉 das liegt wahrscheinlich an der tollen Atmosphäre. Die zubereiteten Cuys sind extra für Adrian, Mirko und mich; die Familie selbst isst nicht mit. Wie wir später erfahren, gibt es Cuy heute nur für die Ehrengäste. Im Gottesdienst selbst beeindruckt mich sehr, dass unheimlich viele Menschen ein Musikinstrument spielen. Für mich wieder ein Zeichen dafür, wie dankbar die Menschen hier sind, sich ins Gemeindeleben einbringen zu können. Jeder der spielen kann, nutzt diese Gabe auch im Gottesdienst und so sitzen einige im Gottesdienst mit ihrer Gitarre und warten auf ihren Einsatz. Bei uns zu Hause haben wir oft gar keine musikalische Begleitung, in dieser Gemeinde ist die musikalische Begleitung jedenfalls kein Problem. Nachdem die Motorräder von allen zur Genüge betrachtet wurde und genügend Probesitzen und Fotos gemacht wurde, müssen wir weiter…es steht noch so einiges auf dem Programm für diesen Tag.

Wir haben noch so viel mehr erlebt; All das zu erzählen, würde den Rahmen sprengen, aber abschließend:

Ich habe selten eine solche Frömmigkeit erlebt. Die Menschen, selbst die, die nicht lesen können, kennen Bibelstellen auswendig. Richtige Bibelstellen, nicht einfach nur ein Satz. Sie lauschen aufmerksam dem Gesagten und sind voll dabei.

Das was in meinen Augen bis zu den Erfahrungen in Jimbe und Abancay vielleicht zum Gottesdienst feiern notwendig war, nämlich Stühle oder Bänke, Musikinstrumente, Kanzel oder Bücher, ist nach den Erfahrungen die ich in Peru machen durfte nicht notwendig. Notwendig ist geistige Nahrung, ein aufmunterndes Wort und Freude.

Natürlich, das geistig empfundene Wohlsein wird durch äußeres Wohlsein verstärkt. Die Freude des biblisch bedingten Auges kann sich entfalten in der Schönheit eines pompösen Raumes. Die Menschen, die ich hier kennenlernen durfte, wissen, dass Materielles nicht notwendig ist, denn wenn einer der Missionare den Raum betritt, dann ist  Gottesdienst, aber wenn ihnen dann das Geschenk eines Raumes, eines Buches oder einer Kanzel vorliegt, behandeln sie es mit Achtung und Respekt.

Ich habe in der Zeit in Peru mit den Missionaren viel erlebt und gelernt und eingesehen. Ich war oft überrascht und noch viel öfter beeindruckt. Die Arbeit der Missionare in Peru ist unheimlich wichtig für die Menschen dort.

Was mich besonders beeindruckt hat ist das absolute Vertrauen was die Menschen haben. Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln. Noch nie habe ich Menschen kennengelernt, die so viel Gründe haben zu zweifeln und es so wenig tun.

Augenscheinlich mangelt es ihnen an Vielem, aber tatsächlich sind sie reich. Sie vertrauen auf Gott und wissen, dass er sie nicht im Stich lässt.

Und falls doch Zweifel aufkommen… sind die Missionare da um zu trösten und in Gottes Wirken zu bestätigen.

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